Gericht entscheidet erstmals über KI-Training mit Bildern
19. August 2025
Das Landgericht Hamburg hat mit Urteil vom 27.09.2024 (Az.: 310 O 227/23) entschieden, dass die Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Werke im Rahmen des Trainings Künstlicher Intelligenz unter bestimmten Voraussetzungen durch Schrankenregelungen des Urheberrechtsgesetzes gedeckt sein kann.
Sachverhalt
Der Beklagte, ein Verein, stellte unter der Bezeichnung „…“ einen Datensatz mit Bild-Text-Paaren öffentlich und kostenfrei zur Verfügung. Dieser Datensatz umfasste Milliarden von Links zu im Internet abrufbaren Bildern, ergänzt um kurze Bildbeschreibungen. Er konnte für das Training generativer KI-Systeme genutzt werden.
Im Rahmen der Erstellung des Datensatzes hatte der Beklagte auf einen US-amerikanischen Vorläuferdatensatz zurückgegriffen, die dort enthaltenen Bild-URLs heruntergeladen und die Bilder automatisiert auf inhaltliche Übereinstimmung mit den Beschreibungen überprüft. Auch eine Fotografie des Klägers wurde so heruntergeladen und analysiert.
Der Kläger sah hierin eine unzulässige Vervielfältigung (§ 16 UrhG) und machte geltend, seine Rechte als Urheber seien verletzt. Eine Rechtfertigung durch Schrankenregelungen (§§ 44a, 44b, 60d UrhG) komme nicht in Betracht. Zudem habe die Bildagentur, die das Foto online bereitgestellt hatte, ausdrücklich die Nutzung durch automatisierte Programme untersagt.
Der Beklagte verteidigte sich damit, dass die Nutzung von der Schrankenregelung zum Text und Data Mining (§ 44b UrhG) sowie von der Forschungsschranke (§ 60d UrhG) gedeckt sei. Außerdem sei das Foto lediglich kurzfristig gespeichert und anschließend wieder gelöscht worden.
Rechtliche Einordnung
Das Landgericht Hamburg wies die Klage ab. Es bestätigte, dass zwar ein Eingriff in die Verwertungsrechte des Klägers vorlag, dieser aber nach § 60d UrhG gerechtfertigt sei.
Die Kammer stellte klar: Die Vervielfältigung einer urheberrechtlich geschützten Fotografie zum Zweck wissenschaftlicher Forschung kann zulässig sein, wenn die Voraussetzungen des § 60d UrhG erfüllt sind. Das betroffene Bild sei rechtmäßig zugänglich gewesen und die Nutzung diente nachweislich einem Forschungszweck.
Die Schranke des § 44a UrhG (vorübergehende Vervielfältigungen) verneinte das Gericht, weil der Download nicht lediglich flüchtig oder begleitend gewesen sei. Auch bei § 44b UrhG (Text und Data Mining) äußerte es Zweifel, ob die Schranke hier greife, da ein Nutzungsvorbehalt der Bildagentur bestand. Entscheidend sei aber gewesen, dass jedenfalls die Voraussetzungen des § 60d UrhG erfüllt waren.
Damit machte das Gericht deutlich: Auch wenn Urheberrechte grundsätzlich Schutz genießen, können sie im Rahmen wissenschaftlicher Forschung hinter dem Interesse an KI-Entwicklung zurücktreten – sofern die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden.
Fazit
Das LG Hamburg zeigt: Die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke für das Training von KI-Systemen kann rechtmäßig sein, wenn sie auf Grundlage der Forschungsschranke (§ 60d UrhG) erfolgt. Entscheidend ist, dass die Nutzung einem klaren Forschungszweck dient und keine eigenständige wirtschaftliche Verwertung verfolgt wird.
Unternehmen und Institutionen, die KI-Datensätze erstellen oder bereitstellen, sollten deshalb prüfen, ob ihre Tätigkeit tatsächlich unter die Forschungsausnahme fällt oder ob sie auf andere Schrankenregelungen (z. B. § 44b UrhG) angewiesen sind – und sich dabei der Grenzen bewusst sein, etwa bei ausdrücklich erklärten Nutzungsvorbehalten.
Was heißt das für die Arztpraxis?
Auch im medizinischen Bereich werden zunehmend KI-Systeme trainiert, etwa zur Bildauswertung oder Diagnostik. Das Urteil des LG Hamburg macht deutlich: Der Einsatz fremder Daten im Rahmen von KI-Training ist nicht beliebig zulässig, sondern nur innerhalb klarer rechtlicher Grenzen.
Arztinnen und Ärzte, die KI-Systeme einsetzen oder Daten zum Training bereitstellen, müssen sicherstellen, dass urheberrechtlich geschützte Werke (z. B. medizinische Bilder, Röntgenaufnahmen) nur auf rechtmäßiger Grundlage, beispielsweise Einwilligung des Urhebers oder ausschließlich zu Forschungszwecken genutzt werden. Andernfalls drohen urheberrechtliche Ansprüche.